Bei ADAC werden die sogenannten eCalls beschrieben. ADAC hat da bei spezifisch sogenannten “herstellereignen Notrufen” eine eher kritische Haltung.
Ich selbst habe mal bei einem dieser privaten Dienstleistern gearbeitet, und finde es nicht ganz zutreffend wie es ADAC beschreibt.
Spezifisch, den “herstellereignen Notruf”, den gibt es z.B. bei BMW seit 2007. D.h., da wurde gewisse Pionierarbeit geleistet, mit auch Zulieferer, bevor dann mal überhaupt von dem 112-Notruf die Rede war. Also, es ist nicht so, dass dieses eingebaute eCall-System von Europäischer Kommission als solcher entwickelt wurde.
Dazu kommt, dass auch heute nicht jede Rettungsleitstelle unbedingt ganz so aussieht, wie die Brücke von Raumschiff Enterprise aus Star Trek, bzw. es auch vor Jahren schon für manche Leute Neuland war, sich die Koordinaten aus der übersendeten “SMS” automatisiert als Standort bei sich auf Karte anzeigen zu lassen – während es z.B. bei der Software von BMW (welche wir da für deren eCall nutzten) halt schon so übersetzt wird, dass man der Rettungsleitstelle sagen kann “Oberunterdorf, Hauptstraße 4”, wenn auf der Höhe der Unfall.
Des Weiteren, private Hersteller haben sich da mit mehrsprachigem Support aufgestellt. Und das sah dann so aus, dass wenn z.B. deutscher Tourist in Italien mit seinem Fahrzeug Unfall hat, da jemanden deutschsprachigen als denjenigen hat, mit wem im Fahrzeug kommuniziert, während beim Notrufdienst generell ein zweiter Agent involviert ist, was in dem Fall jemand wäre, wer laut dem Konzept italienisch spricht.
Zum Beispiel einer der Fälle, den ich als “erster Agent” hatte, war Motorrad-Unfall irgendwo in entlegener Gegend in Spanien. Da war eine deutsch-sprachige Gruppe unterwegs, und einer hat sich das Bein gebrochen. Und “zweiter Agent” informierte dementsprechend die Leitstelle, und ich blieb in der Leitung bis der Hubschrauber eingetroffen war.
Und ADAC sagt da, dass es besser gewesen wäre, wenn 112 vor Ort die SMS bekommen hätte, und egal, wenn sich Leitstelle und die Gruppe nicht verständigen können. Auch Sicht solcher Leitstellen, ist sowas aber nicht ganz egal, wenn dann der Alltag so aussieht, dass Notarzt jedes Mal entsendet werden soll, wenn so ein Motorrad nur im Stand umkippt, was bei den Motorrädern von der Sensorik schon als Unfall eingestuft wird, und dementsprechend vom Motorrad ein eCall abgesetzt wird.
Was mich zum nächsten Punkt bringt, es wird viel gefiltert, bevor was an eine Leitstelle geht. Wie genannt, Fälle wo ein eCall eingeht, und Kunde: “Es ist nur umgekippt, alles ok.” – Und von den manuellen eCalls ist vieles nur falscher Alarm, also von Häufigkeit z.B. Abends Kunde: “Ich wollte hier nur das Licht anmachen.” – Und selbst bei den Unfällen, da gibt es schon etwas verschiedene Stufen. Z.B. jemand fährt auf Parkplatz an und kracht gegen Mauer, da wird vom Fahrzeug ein eCall abgesetzt, und wenn Kunde so, dass sich nur erschreckt hat, da braucht es keinen RTW (Rettungswagen), und sowas muss auch nicht unbedingt bei 112 landen. – Und dann noch technische Dinge, wo manche Fahrzeuge manchmal ständig einen eCall auslösen, und die Meldung “eCall beenden” nicht entgegenzunehmen scheinen, und dadurch an einem Tag auch mal locker mehr als Hunderte von eCall-Anrufen von diesem einem Fahrzeug. – Und da kommt in Gesamtanzahl und gesamter Gesprächsdauer schon was zusammen, was nicht in der Leitung von 112 landet.
Auf der anderen Hand gibt es aber schon Kritikpunkte. Spezifisch hier, z.B. bei genannten BMW, wenn man Kunde von ADAC ist und BMW fährt, meines Wissens ist es generell nicht möglich über den Bordcomputer direkt mit ADAC verbunden zu werden, und statt dessen gibt es im Menü nur den BMW Mobilen Service. Dabei gibt es bei modernen Fahrzeugen zwar die Möglichkeit einer Ferndiagnostik, welche unter Umständen helfen kann. Aber diese modernen Fahrzeuge sind wie ein fahrendes Handy, und im Hintergrund passiert da nicht mehr, als das über die im Fahrzeug verbaute SIM-Karte ein Handy-Gespräch aufgebaut wird. Und da würde sicherlich Sinn machen, den Kunden zu ermöglichen auch jemanden zu erreichen (wie ADAC oder jedwede Nummer, mit eigenem Handy-Vertrag oder gegen Aufgebühr). Das hat aber nicht so direkt mit eCall an für sich zu tun.
Was ich bei eCall in der Firma, wo ich war, aber schon ziemlich kritisch fand, war dass wegen paar Euro Ersparnis an Personalkosten die Abdeckung mangelhaft war, während sich von Teamleitern und Großteil der Supervisor niemand mal mit in die Leitung setzte.
Also, wie das dort über Jahre läuft, es gibt z.B. für die europäischen Märkte im Allgemeinen, mehrere Standorte der Firma, in verschiedenen Ländern. Z.B. in Berlin werden für BMW deutsch-sprachige eCalls betreut, und in Barcelona spanisch-sprachige eCalls. Und mit den Kollegen hatte man nicht nur während der Tourismus-Saison zu tun, aber insbesondere an Abenden und Wochenenden ständig. Denn, das System mit welchem eCall-Anrufe spezifischen Agenten zugewiesen wird, das nutzt einen sogenannten “English fallback”.
Dieser Fallback sieht so aus: Situation als Beispiel, dass in der Leitung zwei BMW DE Agenten verfügbar sind. Da kommt dann ein automatischer eCall, z.B. Aquaplanning, wo der Fahrer auf Autobahn gegen Leitplanke gekracht ist, und von den zwei Agenten ist der Eine derjenige, der mit dem Kunden verbunden wird, und der andere Agent derjenige, der zuständig ist, die entsprechende Leitstelle zu informieren, mit dem was schon ersichtlich ist, wie Position (wenn die PSAP keinen Datenempfang dafür hat), und mit dem was der erste Agent erfährt und im Chat mit zweitem Agent mitteilt.
Während die beiden da also mit dem eCall zu tun haben, kommt ein weiterer eCall, auch wieder BMW DE, und oh-ha, kein deutsch-sprachiger Agent mehr verfügbar. Aber zu einer Wartezeit kommt es da nicht unbedingt, weil das System sagt: “Tja, wenn kein deutsch-sprachiger Agent verfügbar, dann wird dieser eCall halt als ein englisch-sprachiger eCall bewertet, und den bekommt dann jemand von den anderen Agenten, wie z.B. spanisch-sprachigem Agenten in Barcelona. Und da hofft die Firma so ziemlich, dass in solchem Fall halt alle in der Runde Englisch können.
Technisch betrachtet mag sich da das Management zwar schon damit rühmen können, dass es ja schon eine beachtliche Leistung ist, jeden Tag viele Anrufe jeweils innerhalb von Sekunden anzunehmen zu schaffen. Aber bei durchlaufend auch ziemlich vielen Fallbacks, wo dann z.B. so eine Leitstelle in Berlin zwar Englisch sprechen mag, aber der Agent nicht unbedingt viel besser als brüchig, oder mit starkem Akzent – während in der Zwischenzeit ein spanisch-sprachiger eCall eingeht, für welchen nun kein spanisch-sprachiger Agent verfügbar, und deswegen der eCall z.B. einem der beiden BMW DE Agenten zugewiesen wird, von welchen der Zweite wieder in der Leitung verfügbar ist und nun in Gespräch mit Leitstelle in Spanien, was sich ggf. wegen Sprachbarriere auch in die Länge zieht – und da sah ich den Nutzen sehr verringert. Also, z.B. zu versuchen von spanischem-sprachigem Kunden in Englisch zu erfahren was vorgefallen war, um es weiterem Agenten mitzuteilen, welcher bei Anruf an Leitstelle auch kein Spanisch kann, das macht da für mich nicht so Sinn wie wenn der Kunde direkt mit dortiger 112 verbunden werden würde.
Und das beschriebene war da oftmals sozusagen wie ein Kaskadeneffekt. Also, während spanisch-sprachiger Agent versucht der Leitstelle z.B. in Berlin den Unfallort zu beschreiben, und deutsch-sprachiger Agent ebenso, aber halt mit Leitstelle in Madrid, schon weitere eCalls in der Leitung. Und aus Logs z.B. der Nachtschicht gesehen, dass dann eCalls sogar Minuten in Warteschleife hingen, bevor mal angenommen wurden, weil niemand mehr verfügbar war, um weiteren Fallback entgegenzunehmen. Und das betraf dann also BMW eCall in mehreren Ländern, wie Deutschland, Frankreich, UK, Spanien, Italien, dass zu dem Zeitpunkt jeder weitere Unfall in diesen Ländern mit dem BMW eCall in dieser minuten-langer Warteschleife gelandet wäre.
Zusammengefasst, wie von ADAC gefordert, dass man sich als Verbraucher entscheiden kann, ob man bei eCall direkt mit 112 verbunden wird, oder mit dem hersteller-eigenem Vertragspartner – das finde ich ok. Zum Beispiel als Geschäftsreisender mit eigenem Wagen, da mag man sich bewusst für den privaten Dienst entscheiden, um generell jemanden an der Strippe zu haben, mit wem man sich verständigen kann, und wer Kollegen für die Landessprache hat.
Aber sowas ist halt ein 24/7 Service, wo es für die Betroffenen schon gut ist, wenn der Service dementsprechend aussieht. Und halt wie ADAC auch hinweist, in so manchem Fall geht es direkt um Menschenleben.